Heute habe ich einen tollen Gästebeitrag von Philip von https://www.eyeforspirits.com/ zum Thema: „5 Merkmale, an denen du schlechten Gin erkennst“ für euch, viel Spaß damit!

Wir in Deutschland können uns glücklich schätzen. Unsere Nachbarländer destillieren hervorragenden Gin und selbst hiesige Brenner kreieren Meisterwerke. Meistens.
Denn es gibt auch die anderen Gins, die bei denen du bereust, Geld auf den Tisch gelegt zu haben.

Dies sind 5 ihrer Merkmale.

Der Gin hat eine zu strenge Gemüse-Note

Hie und da vielleicht bei weißem Rum, sonst kenne ich aber keine Spirituose, die so viel Gemüse enthalten kann wie Gin. Hast du einen solchen erwischt, dann brauchst du kein Connaisseur zu sein; diesen Geruch erkennst du. Du hast den Eindruck, als bestünde das Bouquet vor allem aus Artischocke, Blumenkohl und Karotten. Alles in einen Topf geschmissen und gekocht.

Sind diese Noten dezent eingebunden, sind sie also als Nuancen Teil des Bouquets, können sie durchaus spannend sein. Unangenehm wird es dann, wenn
Artischocke und Co. das Zepter übernehmen.

Du also deine Nase über das Glas Gin hältst und eine dampfende Gemüsebrühevor Augen hast.

Solche Aromen findest du vor allem dann in einem Gin, wenn dieser zu viel Nachlauf bekam.

Brennt ein Destillateur seinen Brand, ist das Ziel – mit gewissen Abweichungen – den mittleren Abschnitt in die Flasche zu bringen. Er möchte nicht das, was zuerst aus der Brennblase tropft, er möchte aber auch nicht das, was zum Schluss kommt.

Das mittlere Stück, das Herzstück ist das gute Zeug.

Läuft die Destillation jedoch zu lange, bekommen zu viele langkettigen Moleküle Energie. Diese nutzen sie dann, um als Dampf aufzusteigen und am Ende in der Flasche zu landen.

Muffige Gemüse-Aromen können die Konsequenz sein. Filtriert ein Destillateur seinen Gin nach der Destillation, bekommst du von den Gemüse-Noten nicht mehr viel mit. Langkettige Moleküle wie zum Beispiel ätherische Öle werden hier in Massen aus dem Gin geholt.

Dadurch verliert er aber auch zahlreiche Nuancen, die aus einem guten vielleicht einen sehr guten Gin gemacht hätten. Trifft aber beides nicht zu. Gibt der Destillateur seinem Gin also viel Nachlauf und verzichtet auf Filtration, dann besteht die Möglichkeit eines ernsthaften aromatischen Fehlers.

Massenhaft Gemüse.

Diese Eigenschaft macht sich allerdings nicht nur unangenehm bemerkbar, wenn du den Gin pur trinkst. Dies zerstört auch die Aromatik von Cocktail-Klassikern, die auf Gin basieren.

Nimm zum Beispiel einen Gin Tonic. Dieser Zweiteiler bezieht seine Aromen lediglich aus Gin und Tonic. Wenn du nun markante Gemüsenoten mit hineinbringst, hast du nichts, was diese kaschieren könnte.

Ähnlich verhält es sich auch bei Gin-Cocktails, deren Zutaten deutlich aromatischer und intensiver sind als jene eines Gin Tonics. Ein Negroni basiert auf Gin, Vermouth und Campari. Zwar haben letztere beiden mehr aromatische Power als ein Tonic. Aber selbst wenn du die Gemüsenoten nicht mehr deutlich erkennst, stören sie die Harmonie der Zutaten.

Einen balancierten, genialen Cocktail bekommst du mit einem schlechten Gin nicht hin.

Die Aromen im Gin harmonieren nicht

Es gibt eine Palette an Aromen, die nahezu jeder Person schmecken. Dir, mir und dem Großteil der Bevölkerung.

Vanille ist beispielsweise ein solches.

Gib einem Laien einen vanille-lastigen Rum oder Whiskey und warte auf die Reaktion: „Uhh, ja, der ist gut“. Ähnlich benehmen wir uns bei fruchtigen Aromen. Wir finden sie bekömmlich. Riechst du in einem Gin ein solches, ist das schon mal ein Pluspunkt für das Produkt.

Im ersten Moment.

Denn wie das Gros der High End-Spirituosen braucht Gin Harmonie. Aromatische Harmonie. Denn nur weil ich das ein oder andere Fruchtaroma in einem Gin erkenne, ist der Drops noch nicht gelutscht. Ein Gin sollte schon mehr drauf haben, als ein, zwei Früchte. In den vergangenen Monaten hatte ich ungefähr 4 Gins auf dem Tisch zur Verkostung, die genau das nicht konnten.

Der Hersteller wollte hip und modern sein, knallte also 2 bis 3 dominante Aromen in die Flasche. Das war es. Diese fruchtigen und süßen Aromen erkennst du zwar beim ersten Riechen, dahinter findest du allerdings nur gähnende Leere. Bei einem guten Gin solltest du daher immer darauf achten, dass hinter den auffälligsten Aromen noch etwas folgt. Deine Nase soll nicht nach 2 Sekunden in ein Loch fallen, es soll Nuancen finden.

Du findest Gins mit ausbalancierten Aromen zuhauf. Zum Beispiel viele deutsche Destillateure brennen hier auf Weltniveau. Lies einfach ein paar Rezensionen im Internet durch. Oder noch besser: Verkoste einige Gins selbst.

Nie solltest du aber die Anzahl an Botanicals als Indikator für Qualität nehmen. Dies ist so sinnvoll wie ein wasserdichter Teebeutel.

So liefert beispielsweise der Schweizer Tschin ein nahezu perfektes Bouquet ab. Anzahl der Botanicals: 4.

Alkohol ist zu scharf

Diskutierst du über den Alkohol in einer Spirituose, hat die Szene einen Spruch parat. Einen, der dir hilft, den Alkohol einzuordnen.

„Is it a good burn or is it a bad burn?“ Brennt der Alkohol also angenehm oder unangenehm? Für einen Laien, jemand der zum ersten mal Gin trinkt, ist diese Frage nicht zu beantworten. Das Ding ist hochprozentig und im ersten Moment spürt er die volle Wucht.

Je mehr du aber deine Sensorik verbesserst, desto genauer kannst du den Alkohol klassifizieren.

Um deine Tasting-Erfahrung bei Gin am schnellsten zu verbessern, habe ich hier einige Tipps für dich: Wie du als Gin-Einsteiger dein Wissen am schnellsten verbesserst.

Was der Alkohol nicht tun sollte:

  • Bereits beim Riechen erkennst du nur Alkohol. Er erinnert dich an Brennspiritus.
  • Er kratzt beim Schlucken am Gaumen. Er zwingt dich zum Luft holen.

Was der Alkohol tun sollte:

  • Er unterstützt die anderen Aromen, in dem er ihnen eine leicht würzige Note verleiht.
  • Er prickelt auf der Zunge.

Wacholder kannst du nirgends finden

Entwickelt sich eine Industrie, gibt es 2 Gruppen von Personen. Die einen begrüßen neue Ideen und Sichtweisen, die anderen prophezeien den Untergang der Kategorie. Bei Gin ist dies nicht anders.
Seinen Aufschwung verdankt diese Spirituose unter anderem seiner aromatischen Vielseitigkeit.

Mit der Botanicals-Auswahl haben Destillateure die Möglichkeit unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen und Cocktails in unbekannte aromatische Richtungen zu lenken.

Diese Aufbruchstimmung in der Gin-Szene schob den Wacholder – die einzige obligatorische Zutat eines Gins – in den Hintergrund.

Um das Jahr 2007 herum entstand für solche Gins der Begriff „New Western Dry“. Eine Bezeichnung, die offiziell nie anerkannt wurde, die aber Realität ist. Eine Entwicklung, die eine Bereicherung des Gins ist. Unter einer Voraussetzung: Der Wacholder wird nicht nur deswegen in die Brennblase geschmissen, damit auf dem Label „Gin“ stehen darf. Denn manche Gin-Marke trieb jenen Trend zu Perversion. Wacholder konntest du unter keinen Umständen mehr in ihrem Gin entdecken. Der Hersteller verwendete ihn aber, da sich „Gin“ besser vermarkten lässt als „aromatisierter Vodka“.

Der Gin ist zu süß

Ein Großteil der Gins, die du heute findest, trägt den Zusatz „Dry“. Übersetzt du dieses Wörtchen ins Deutsche, ist es das, was du geschmacklich erwartest: Der Gin sollte „trocken“ und nicht süß sein. Was dann in der Flasche auf dich wartete, war Glücksspiel. Denn eine Vorgabe, was „trocken“ zu bedeuten hat, gab es nicht.

Bis 2014 war dieser Begriff nur schmuckes Beiwerk ohne jegliche Bedeutung. Gin- Hersteller konnten „Dry“ auf ihre Flaschen drucken, wie es ihnen gefiel.

Dann änderte der Gesetzgeber die EU-Spirituosenverordnung. Ab jenem Jahr war der Zuckerzusatz in einem Dry Gin festgelegt:

„Die Bezeichnung ‘Gin’ kann durch den Begriff ‘dry’ ergänzt werden, wenn der Gehalt der Spirituose an zugesetzten süßenden Erzeugnissen nicht mehr als 0,1 g Zucker je Liter des Fertigerzeugnisses beträgt.“

So solltest du bei Dry Gin nicht das Gefühl haben, einen Likör zu trinken. Aber auch ohne den Namenszusatz ist eine ordentliche Portion Zucker in einem Gin kein Qualitätsmerkmal.

Außer: Old Tom.

Ginnatic London Dry Gin
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